Ein Beitrag von Christoph Schütz, Freiburg
Mehr als 5 Millionen für die regionalen Medien im Kanton Freiburg. Das tönt gut, wird jedoch vor allem deren Abhängigkeit und die Hörigkeit gegenüber der Kantonsregierung weiter fördern.
Nachfolgend
einige Gedanken zu den i-news von impressum
vom 20. Mai und zum am gleichen Tag geführten Interview von SRF Regionalredaktorin Christine Widmer mit
Herrn Kräuchi, Mediensprecher des Kantons Bern, zu einer eventuellen Stützung
der kantonalen Medien.
Ich
schicke voraus, dass ich selber einen journalistischen Background mitbringe
(Solothurner Zeitung, Bund, BZ) und Medienwissenschaft und Journalistik
studiert habe, heute aber kaum mehr journalistisch tätig bin.
Ich
bin erstaunt zu lesen, wie impressum
diesen Sponsoringbeitrag des Freiburger Staatsrats kritiklos zur Nachahmung
empfiehlt, und ich war erstaunt zu hören, wie Frau Widmer Herrn Kräuchi auf
Radio SRF „zwischen den Zeilen“ kritisiert hat, weil der Kanton Bern im
Gegensatz zum Kanton Freiburg die lokalen Medien nicht (sofort) finanziell stützen
will. Ich bin sehr froh, dass der Kanton Bern dieser Versuchung nicht erlegen
ist.
Der
Noch-Journalist Patrick Mülhauser (er wechselt demnächst zum Kanton) hat in
seinem Beitrag (Regionaljournal vom 20.5.2020) aufgezeigt, dass die La
Liberté zu einem Drittel bereits Unternehmen mit kantonaler Beteiligung
gehört. Natürlich gibt Chefredaktor Serge Gumy im Interview sein Blatt als
unabhängig aus, hinter vorgehaltener Hand wird der Chefredaktor des Freiburger
Leitmediums jedoch als der achte Staatsrat bezeichnet (und der Chef der
Kantonalbank als der neunte).
Und
von Ex-Staatsrat Beat Vonlanthen stammen folgende Worte: „Hand in Hand
müssen Staat und Medien vorwärtsschreiten, wenn es um die Sensibilisierung der
Bevölkerung geht“. (Anlässlich einer Generalversammlung der Freiburger Nachrichten vor einigen
Jahren).
Oder
anders ausgedrückt: Die Freiburger Lokalmedien sind alles andere als vom Staat unabhängig,
die regionalen Skandale werden häufig unterdrückt, oft wird erst darüber berichtet,
nachdem diese von nationalen Medien thematisiert worden sind (Deponie La
Pila und Missbrauchsskandal in der Freiburger Kirche sind die beiden
letzten Beispiele). Es herrscht in wichtigen Fragen eine unausgesprochene
Einigkeit zwischen Staatsmacht und Medienmacht, was für diesen Kanton gut sei
und was nicht und insbesondere, was man dem Publikum besser nicht serviert.
Dass der Staatsrat die JournalistInnen regelmässig zu Mittagessen einlädt und
mit vielen per Du verkehrt, illustriert zusätzlich, welche Nähe sich zwischen
Staat und Medien im Kanton Freiburg eingenistet hat.
Wenn
der Freiburger Staatsrat nun also diese Lokalmedien mit 5.34 Mio
unterstützt, wird die Schere im Kopf dieser Journalistinnen und Journalisten
noch präsenter sein, als sie es heute schon ist. Jener unabhängige
Journalismus, den unsere Demokratie tatsächlich nötig hätte, existiert im
Kanton Freiburg leider nicht (mehr). Will impressum
diese Art von Journalismus tatsächlich fördern?
Ist
einem Kanton wirklich an unabhängigem Journalismus gelegen, darf die
Finanzierung nicht von dort kommen, wo die „vierte Gewalt“ ihre Kritikfunktion
wahrnehmen sollte, also vom Staat. Und wenn die Werbeeinnahmen aus Gründen
einer wirtschaftlichen Krise oder der Verschiebung ins Internet zunehmend schrumpfen,
könnte man auch auf den dritten „Player“, das Publikum fokussieren: Nicht die Produktion von Journalismus sollte man
staatlich unterstützen, sondern die Konsumation.
Wenn ein Kanton also z.b. Zeitungsabonnemente (print oder online) subventionieren
würde, förderte er damit erstens den Medienkonsum (was der Demokratie
zuträglich ist) und er würde dafür sorgen, dass die Zeitungen dank mehr
Abonnenten unabhängig von direkter staatlicher Hilfe und unabhängiger von der
Werbung werden. Wenn über mehr Abonnenteneinnahmen die Auflagen wieder steigen,
kommt auch das Werbevolumen wieder zurück und die Redaktionen könnten wieder
vermehrt in die Qualität des Journalismus investieren. Dass eine solche
indirekte Medienförderung auch an eine journalistische Qualität geknüpft werden
sollte, scheint mir selbstverständlich.
Ja:
Medienvielfalt ist wichtig, und ja: Dafür braucht es Geld, sonst gehen diese
Medien unter. Aber die „Freiburger Lösung“ ist Gift für einen unabhängigen
Journalismus.
In dem Sinn würde ich es begrüssen, wenn in der Diskussion rund um Medienförderung deren Funktion in einer Demokratie vermehrt in den Fokus gestellt würde und weniger das ökonomische Überleben von Verlagshäusern.
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