Öffentlich denken, berichten, kritisieren, anregen, motivieren… impressum will Kolleginnen und Kollegen zu Wort kommen lassen in einem Blog. Mit dem Blog «Null» macht sich impressum-Präsidentin Dr. Franca Siegfried Sorgen um fundierte Recherchen in wissenschaftsbasierten Themen. Berichte über Covid-19 ist das aktuellste Beispiel. Wer sich darüber ein Bild machen will, der kann sich bei den Medienkonferenzen des Bundes vergewissern – uns fehlt ein wissenschaftsjournalistisches Korrektiv.
Wie informiert sich die Wissensgesellschaft über Covid-19?
Täglich hört sich die Schweiz Meldungen über die neusten Fallzahlen an, beobachtet sogar im Fernsehen die Medienkonferenzen des Bundes, studiert Zeitungen – gedruckt oder digital und scrollt sich durch interaktive Grafiken. Unsere demokratische Wissensgesellschaft sucht nach ultimativen Informationen über das Coronavirus.
Wo bleibt das wissenschaftsjournalistische Korrektiv?
Die Exekutive, der Bundesrat, entscheidet über existentielle Massnahmen. Die Legislative macht sich dünn, ist teilweise abgetaucht. Und unsere Branche leidet seit Mitte März an dramatischen Werbeeinbussen. Und Medienschaffende sind in die Kurzarbeit verbannt worden – eine Massnahme vom Bundesrat. Kurzum, zur Rettung von Arbeitsplätzen ist es vielen Journalistinnen und Journalisten verboten zu recherchieren, schreiben und informieren. Wer kümmert sich jetzt um kritisches Hinterfragen, Abwägen, Vergleichen von Daten und Meldungen?
Was ist los mit dem Wissenschaftsjournalismus?
Nur fünf Tage vor der Ausrufung des nationalen Notstandes hat Urs Hafner, Journalist und Historiker eine Studie als Diskussionsvorlage für eine zukunftsgerichtete Wissenschaftskommunikation publiziert. Der Titel von Hafners Studie: «Forschung in der Filterblase» (HIER UND JETZT Verlag). Während beispielsweise in der Westschweiz die ETH Lausanne knapp zwei Dutzend Vollzeitstellen in der Kommunikationsabteilung beschäftigt, sei die Spezies im Wissenschaftsjournalismus in der Romandie am Aussterben. Hafners Fazit: Die Selbstanpreisung Schweizer Hochschulen kommt ungefiltert in die Medien.
https://www.hierundjetzt.ch/de/catalogue/forschung-in-der-filterblase_20000002/
Keine Medienförderung ohne Wissensredaktion…
Die Förderung von bestens ausgebildeten und unabhängigen Journalistinnen und Journalisten ist existentiell für eine demokratische Wissensgesellschaft. Ein Hoffnungsschimmer bleibt – der offensichtliche Notstand im Wissenschaftsjournalismus könnte durch Covid-19 neu belebt werden. Eine Lösung? Finanzielle Hilfe an die Medien ist nicht nur an Informations-Vielfalt, sondern auch an eine ausgewiesene Wissensredaktion gebunden.
Spargelstechen statt recherchieren…
Jetzt dürfen Medienschaffende in Kurzarbeit Bauern helfen auf dem Feld Spargel zu stechen – eine weitere Massnahme des Bundes. Wird das Phallussymbol Spargel zum Notstandssymbol vom wissensbasiertem Journalismus?
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