Video: Natascha Fioretti, Vorstandsmitglied von impressum und ATG: „Stimmen wir ‚Ja‘ zum Medienpaket!“

Auch wenn der Text des Medienpakets nicht perfekt ist, haben wir keine Zeit für die Formulierung eines neuen, denn in der Zwischenzeit würden viele regionale und lokale Stimmen sterben. Das Paket fördert die Vielfalt zum Beispiel mit der Förderung der digitalen Medien. Wer um die Unabhängigkeit bangt, soll in der Schweiz, Dänemark oder Norwegen einmal selbst schauen gehen, wie die Redaktionen funktionieren. Es gab nie Abhängigkeiten wegen der direkten Förderung. Stimmen wir also „Ja“ am 13. Februar! (Zusammenfassung – Italienischer Originaltext im Video!)

Sicuramente il testo del pacchetto di aiuti ai media non è perfetto … ma è anche vero che non ci sarebbe il tempo per formulare un testo nuovo … perché nel frattempo moltissime voci regionali e locali morirebbero. Dunque votiamo sì il 13 febbraio.

Vidéo : Natascha Fioretti, membre du comité d’impressum et d’ATG : „Votons ‚oui‘ au paquet média !“

Même si le texte du paquet média n’est pas parfait, nous n’avons pas le temps d’en formuler un nouveau, car de nombreuses voix régionales et locales mourraient dans l’intervalle. Le paquet favorise la diversité, par exemple en encourageant les médias numériques. Que ceux qui craignent pour leur indépendance aillent voir par eux-mêmes comment fonctionnent les rédactions en Suisse, au Danemark ou en Norvège. Il n’y a jamais eu de dépendance à cause de l’encouragement direct. Votons donc „oui“ le 13 février ! (Résumé – texte original italien dans la vidéo !)


Wissen ist Macht – Reisst euch darum!

Ein Beitrag von Stéphanie Erni, Basel

Ich habe mich in der Coronazeit antizyklisch verhalten. Denn ich ging, als viele ins Home office zogen, aus dem Haus. Pendelte 3 bis 5 Tage in der Woche in die Stadt Basel, um dort zu arbeiten. Geplant war es anders.

Ich hatte meine Stelle als Redaktorin bei der Zeitschrift oliv (zu Biothemen, wer sie nicht kennt) aufgegeben, um ein eigenes Projekt zu starten. Ich und mein Partner wollten eine Zeitschrift lancieren zu Themen rund ums Klima. Begonnen hätten wir mit einem Crowdfunding, um die nötigen Mittel in Form von Abonnentinnen und Abonnenten zusammen zu bekommen.

Doch dann kam statt unserem CO2-Magazin das SARS-CoV-2. Und dem ordnete sich alles unter. Keine Fasnacht (für eine Baslerin ein Drama!), keine Schule für die Kinder, kein Crowdfunding, kein Einkommen. Unser Projekt haben wir verschoben, wer interessiert sich während Corona schon fürs Klima? Wir hoffen, im Herbst loslegen zu können. Doch bis dahin? Rettung nahte in der Person einer Freundin, die mich anfragte, ob ich Lust hätte, bei der Corona-Infoline des Kantons Basel-Stadt mitzuarbeiten. Ich sagte zu und beantworte also nun seit dem 16. März die Fragen verunsicherter, besorgter und ratloser Bürgerinnen und Bürger.

Das hat zur Folge, dass ich in Sachen Massnahmen, also was man darf und was nicht und wann und zu wie vielen, stets auf dem aktuellen Stand bin. Oh nein! Nicht etwa, weil der Staat, der Kanton oder die Verwaltung die Mitarbeitenden an der Telefonzentrale, also an der Front, frühzeitig informieren würde, sondern weil ich nun mal nicht aus meiner journalistischen Haut kann, Fragen beantworten zu wollen, koste es was es wolle. Also habe ich, wie auch meine Kolleginnen und Kollegen, fast täglich die Aktualisierungen auf den verschiedenen Homepages durchforstet, immer wieder die angepassten Erläuterungen studiert und dann darüber diskutiert – denn vieles war unterschiedlich auslegbar. Und ja, wir haben natürlich auch die Medienkonferenzen verfolgt, Zeitungen gelesen, Radio gehört.

Zwei Dinge sind mir dabei aufgefallen. Erstens: Was ich anfangs noch verstand, fing mich zunehmend an zu nerven – nämlich wie Staatstreu die meisten Medien am Ende sind, allen voran unser staatlich subventioniertes. Kritische Artikel musste ich bald suchen gehen. Und zweitens: Natürlich war und ist die Angelegenheit rund um das Virus und die ausserordentliche Lage komplex. Aber ich finde dennoch, dass Journalistinnen und Journalisten sich die Mühe machen sollten, Aussagen und Informationen zu überprüfen und die Nachricht zu Ende zu denken. Dass dem oft nicht so war, zeigten die vielen Falschmeldungen, die ich las und hörte und die ich mit einem Hinweis auf Informationen, die öffentlich zugänglich sind, widerlegen konnte – was ich dann jeweils an der Infoline auch tun musste.

Wenn die Medien, und gehen wir mal etwas naiv davon aus, dass dabei der Journalismus gemeint ist, die vierte Macht im Staat sind, dann sollten Medienschaffende sich um diese Macht reissen. Und das bedeutet aus meiner Sicht, um Informationen zu kämpfen. Egal ob es sich auszahlt oder nicht, angenehm oder unangenehm ist, staatstreu oder revolutionär – bleibt stets auf der Suche nach der Antwort. Und sucht insbesondere dann weiter, wenn ihr glaubt, sie gefunden zu haben. Ich wünsche euch alles Gute, Mut und Durchhaltewillen.


Medienförderung

Ein Beitrag von Christoph Schütz, Freiburg

Mehr als 5 Millionen für die regionalen Medien im Kanton Freiburg. Das tönt gut, wird jedoch vor allem deren Abhängigkeit und die Hörigkeit gegenüber der Kantonsregierung weiter fördern.

Nachfolgend einige Gedanken zu den i-news von impressum vom 20. Mai und zum am gleichen Tag geführten Interview von SRF Regionalredaktorin Christine Widmer mit Herrn Kräuchi, Mediensprecher des Kantons Bern, zu einer eventuellen Stützung der kantonalen Medien.

Ich schicke voraus, dass ich selber einen journalistischen Background mitbringe (Solothurner Zeitung, Bund, BZ) und Medienwissenschaft und Journalistik studiert habe, heute aber kaum mehr journalistisch tätig bin.

Ich bin erstaunt zu lesen, wie impressum diesen Sponsoringbeitrag des Freiburger Staatsrats kritiklos zur Nachahmung empfiehlt, und ich war erstaunt zu hören, wie Frau Widmer Herrn Kräuchi auf Radio SRF „zwischen den Zeilen“ kritisiert hat, weil der Kanton Bern im Gegensatz zum Kanton Freiburg die lokalen Medien nicht (sofort) finanziell stützen will. Ich bin sehr froh, dass der Kanton Bern dieser Versuchung nicht erlegen ist.

Der Noch-Journalist Patrick Mülhauser (er wechselt demnächst zum Kanton) hat in seinem Beitrag (Regionaljournal vom 20.5.2020) aufgezeigt, dass die La Liberté zu einem Drittel bereits Unternehmen mit kantonaler Beteiligung gehört. Natürlich gibt Chefredaktor Serge Gumy im Interview sein Blatt als unabhängig aus, hinter vorgehaltener Hand wird der Chefredaktor des Freiburger Leitmediums jedoch als der achte Staatsrat bezeichnet (und der Chef der Kantonalbank als der neunte).

Und von Ex-Staatsrat Beat Vonlanthen stammen folgende Worte: „Hand in Hand müssen Staat und Medien vorwärtsschreiten, wenn es um die Sensibilisierung der Bevölkerung geht“. (Anlässlich einer Generalversammlung der Freiburger Nachrichten vor einigen Jahren).

Oder anders ausgedrückt: Die Freiburger Lokalmedien sind alles andere als vom Staat unabhängig, die regionalen Skandale werden häufig unterdrückt, oft wird erst darüber berichtet, nachdem diese von nationalen Medien thematisiert worden sind (Deponie La Pila und Missbrauchsskandal in der Freiburger Kirche sind die beiden letzten Beispiele). Es herrscht in wichtigen Fragen eine unausgesprochene Einigkeit zwischen Staatsmacht und Medienmacht, was für diesen Kanton gut sei und was nicht und insbesondere, was man dem Publikum besser nicht serviert. Dass der Staatsrat die JournalistInnen regelmässig zu Mittagessen einlädt und mit vielen per Du verkehrt, illustriert zusätzlich, welche Nähe sich zwischen Staat und Medien im Kanton Freiburg eingenistet hat.

Wenn der Freiburger Staatsrat nun also diese Lokalmedien mit  5.34 Mio unterstützt, wird die Schere im Kopf dieser Journalistinnen und Journalisten noch präsenter sein, als sie es heute schon ist. Jener unabhängige Journalismus, den unsere Demokratie tatsächlich nötig hätte, existiert im Kanton Freiburg leider nicht (mehr). Will impressum diese Art von Journalismus tatsächlich fördern?

Ist einem Kanton wirklich an unabhängigem Journalismus gelegen, darf die Finanzierung nicht von dort kommen, wo die „vierte Gewalt“ ihre Kritikfunktion wahrnehmen sollte, also vom Staat. Und wenn die Werbeeinnahmen aus Gründen einer wirtschaftlichen Krise oder der Verschiebung ins Internet zunehmend schrumpfen, könnte man auch auf den dritten „Player“, das Publikum fokussieren: Nicht die Produktion von Journalismus sollte man staatlich unterstützen, sondern die Konsumation. Wenn ein Kanton also z.b. Zeitungsabonnemente (print oder online) subventionieren würde, förderte er damit erstens den  Medienkonsum (was der Demokratie zuträglich ist) und er würde dafür sorgen, dass die Zeitungen dank mehr Abonnenten unabhängig von direkter staatlicher Hilfe und unabhängiger von der Werbung werden. Wenn über mehr Abonnenteneinnahmen die Auflagen wieder steigen, kommt auch das Werbevolumen wieder zurück und die Redaktionen könnten wieder vermehrt in die Qualität des Journalismus investieren. Dass eine solche indirekte Medienförderung auch an eine journalistische Qualität geknüpft werden sollte, scheint mir selbstverständlich.

Ja: Medienvielfalt ist wichtig, und ja: Dafür braucht es Geld, sonst gehen diese Medien unter. Aber die „Freiburger Lösung“ ist Gift für einen unabhängigen Journalismus.

In dem Sinn würde ich es begrüssen, wenn in der Diskussion rund um Medienförderung deren Funktion in einer Demokratie vermehrt in den Fokus gestellt würde und weniger das ökonomische Überleben von Verlagshäusern.


Blog für den Notstand und danach

Dr. Franca Siegfried, Präsidentin von impressum

Öffentlich denken, berichten, kritisieren, anregen, motivieren… impressum will Kolleginnen und Kollegen zu Wort kommen lassen in einem Blog. Mit dem Blog «Null» macht sich impressum-Präsidentin Dr. Franca Siegfried Sorgen um fundierte Recherchen in wissenschaftsbasierten Themen. Berichte über Covid-19 ist das aktuellste Beispiel. Wer sich darüber ein Bild machen will, der kann sich bei den Medienkonferenzen des Bundes vergewissern – uns fehlt ein wissenschaftsjournalistisches Korrektiv.

Wie informiert sich die Wissensgesellschaft über Covid-19?
Täglich hört sich die Schweiz Meldungen über die neusten Fallzahlen an, beobachtet sogar im Fernsehen die Medienkonferenzen des Bundes, studiert Zeitungen – gedruckt oder digital und scrollt sich durch interaktive Grafiken. Unsere demokratische Wissensgesellschaft sucht nach ultimativen Informationen über das Coronavirus.

Wo bleibt das wissenschaftsjournalistische Korrektiv?
Die Exekutive, der Bundesrat, entscheidet über existentielle Massnahmen. Die Legislative macht sich dünn, ist teilweise abgetaucht. Und unsere Branche leidet seit Mitte März an dramatischen Werbeeinbussen. Und Medienschaffende sind in die Kurzarbeit verbannt worden – eine Massnahme vom Bundesrat. Kurzum, zur Rettung von Arbeitsplätzen ist es vielen Journalistinnen und Journalisten verboten zu recherchieren, schreiben und informieren. Wer kümmert sich jetzt um kritisches Hinterfragen, Abwägen, Vergleichen von Daten und Meldungen?

Was ist los mit dem Wissenschaftsjournalismus?
Nur fünf Tage vor der Ausrufung des nationalen Notstandes hat Urs Hafner, Journalist und Historiker eine Studie als Diskussionsvorlage für eine zukunftsgerichtete Wissenschaftskommunikation publiziert. Der Titel von Hafners Studie: «Forschung in der Filterblase» (HIER UND JETZT Verlag). Während beispielsweise in der Westschweiz die ETH Lausanne knapp zwei Dutzend Vollzeitstellen in der Kommunikationsabteilung beschäftigt, sei die Spezies im Wissenschaftsjournalismus in der Romandie am Aussterben. Hafners Fazit: Die Selbstanpreisung Schweizer Hochschulen kommt ungefiltert in die Medien.
https://www.hierundjetzt.ch/de/catalogue/forschung-in-der-filterblase_20000002/

Keine Medienförderung ohne Wissensredaktion…
Die Förderung von bestens ausgebildeten und unabhängigen Journalistinnen und Journalisten ist existentiell für eine demokratische Wissensgesellschaft. Ein Hoffnungsschimmer bleibt – der offensichtliche Notstand im Wissenschaftsjournalismus könnte durch Covid-19 neu belebt werden. Eine Lösung? Finanzielle Hilfe an die Medien ist nicht nur an Informations-Vielfalt, sondern auch an eine ausgewiesene Wissensredaktion gebunden.

Spargelstechen statt recherchieren…
Jetzt dürfen Medienschaffende in Kurzarbeit Bauern helfen auf dem Feld Spargel zu stechen – eine weitere Massnahme des Bundes. Wird das Phallussymbol Spargel zum Notstandssymbol vom wissensbasiertem Journalismus?


Die Welt steht Kopf, impressum fest auf dem Boden. Und Sie?

Wie erleben Sie die Corona-Zeit? Bei impressum laufen die Leitungen heiss, denn die Verunsicherung bei den Mitgliedern ist riesig. Doch dies ist Ihre Plattform: Haben Sie keine Aufträge mehr oder raucht Ihnen der Kopf? Sind Sie unterwegs, um auch ohne Auftrag diese Jahrhundertsituation zu dokumentieren – oder bilden Sie sich weiter? Erzählen Sie…

Schicken Sie Ihre Beiträge an info@impressum.ch. Wir danken Ihnen!

Noch vor wenigen Wochen verfolgten wir staunend, wie Italien Ortschaften abgeriegelte und der Bahnhof von Mailand auch ohne Ausgangssperren so leergefegt war, dass man in gerader Linie vom Gleis 4 bis zum Gleis 22 gelangen konnte, ohne einem Mitmenschen nahe zu kommen. Auch wenn es mit kühlem Kopf wohl abesehbar gewesen wäre, konnte sich kaum jemand wirklich vorstellen, wie rasch die Schweiz zum nächsten Brennpunkt der Respekt einfordernden Erkrankungswelle werden würde.

Unterdessen haben hunderte wenn nicht tausende von freien Journalistinnen und Journalisten genauso wie auch andere Selbständige ihre Lebensgrundlage verloren. Einige erhalten Schadenersatz, aber manche der Freien Journalistinnen und Journalisten fallen durch die Lücken des Auffangnetzes. Darum arbeiten wir bei imressum intensiv daran, dass die Zeche gerecht verteilt wird, welche die Bekämpfung des Virus kostet – aber es ist noch ein langer Weg.

Bis dahin arbeiten unsere Zentralsekretärinnen und -sekretäre daran, Sie individuell zu beraten, wie Sie ihr Einkommen aufrechterhalten können. Doch auch bei uns gilt social distancing. Meist aus dem Homeoffice analysieren wir mit Ihnen Ihre Situation. Physisch auf dem Zentralsekretariat arbeiten meist nur unsere Sachbearbeiterinnen – möglichst allein oder distanziert und halten damit den Betrieb am Laufen. Immerhin: Die Telefonpräsenz für Ihre Fragen funktioniert ohne Unterbruch weiter.

Und als wären finanzielle Probleme nicht genug, werden Journalistinnen und Journalisten auch noch durch Behörden an ihrer Arbeit gehindert. Oder die Kurzarbeit verbietet es ihnen, zu arbeiten. Sollten sie nicht gerade jetzt der Bevölkerung die Ursachen, die Konsequenzen der Epidemie erklären und die Möglichkeiten der Rückkehr zur Normalität skizzieren?

Zurück zu Ihnen: Wie leben und erleben Sie die Corona-Zeit? Wie sind Sie von der Situation betroffen? Gehen Sie trotz Kinderbetreuungspflichten auf Reportage oder machen Sie mit Kindergeschrei im Hintergrund Home Office? Versuchen Sie, das Geschehen für die Geschichte zu dokumentieren, auch wenn Sie als Freier keine Aufträge haben?

Jetzt sind Sie dran…!